Stadt Drolshagen widmet Alten Bahnhof für Eheschließungen

Trauzimmer im historischen Wartesaal

Hützemert. Steffi Alte zupft die weißen und zartrosafarbenen Schleifen am Bouquet zurecht, stellt die Holzstühle auf Abstand. Zwei davon sind mit hellen Hussen umhüllt. Auf dem Tisch warten Kerzen darauf, angezündet zu werden – es ist alles perfekt vorbereitet für einen ganz besonderen Anlass. Mitte April gaben sich hier Timo Halbe und Lorena Boßert das Ja-Wort. Sie sind das erste Paar, das im Alten Bahnhof getraut wurde.
Wo ab sofort Ringe getauscht werden können, war früher der Wartesaal für Reisende mit einem Ticket der Klasse zwei untergebracht. Vertäfelte Wände, der aufgearbeitete Dielenboden und Fotos erinnern an jene Zeit, als buntes Treiben am Hützemerter Bahnhof herrschte. Als 1976 die Strecke stillgelegt wird, versiegt seine Lebendigkeit. Das ändert der Dorfverein, der das historische Objekt in den Jahren 2013 und 2014 aufwändig und unter großer Kraftanstrengung zu einem Dorfhaus und Treffpunkt umfunktioniert. Ein beachtliches Projekt, das ohne dieses Engagement und die Eigenleistung nicht hätte verwirklicht werden können.
An Wochenenden bei milden Temperaturen suchten Ausflügler in den Zeiten vor der Pandemie oft vergebens einen freien Tisch in der Außengastronomie. Denn der Bahnhof ist gleichzeitig Jausenstation, die Christian Scholemann mit seinem Team vom benachbarten „Haus Wigger“ betreibt. Mit der Standesamts-„Filiale“ ist die Attraktivität des Geländes nochmal gewachsen, das unmittelbar am Bergischen Panoramaweg nahe des 724 Meter langen Wegeringhauser Tunnels liegt. Er ist der längste Radwegetunnel in Nordrhein-Westfalen und damit ein vielbesuchtes Ziel.
Die Möglichkeit, sich im Alten Bahnhof trauen zu lassen, sei schon beim Umbau ins Auge gefasst geworden, erinnert sich Koch. „Wir waren aber zu sehr mit dem laufenden Betrieb beschäftigt.“ Mit einem Anstoß der neuen Leiterin des Ordnungsamtes der Stadt Drolshagen, Claudia Heite, sei der Plan wieder aufgegriffen worden. Für den kleinen sowie für den großen Saal liegen dem Dorfverein von der Stadt offizielle Widmungen für das Durchführen von standesamtlichen Trauungen vor.
Überlegen, wer für die nötige Ausstattung in den Räumen sorgt, musste der Vorstand nicht. Schließlich hat Beisitzerin Steffi Alte ein Händchen für Blumen und Dekoration und darf immer auf die Hilfe ihrer Schwester Nicole Merz setzen, die Floristin ist. „Es ist gut, dass wir Mitglieder mit so vielen unterschiedlichen Talenten haben“, hält Koch fest.
Wer sich im Bahnhof auf hoffentlich ewig binden möchte, darf nach der Zeremonie hinter den altehrwürdigen Mauern feiern. Das Rundum-Paket – vom Sekt bis zum Mitternachtsschmaus – kommt vom „Haus Wigger“ – inklusive Bedienung. Alternativ ist das Mitbringen von Speisen und Getränken möglich. „Das können die Paare frei entscheiden“, so der Geschäftsführer. Timo Halbe und Lorena Boßert müssen aufgrund der Pandemie darauf verzichten, sie können sich dafür stets in Erinnerungen rufen, als erstes Paar den Bund fürs Leben im früheren Wartesaal zwei eingegangen zu sein.
Neben dem Gewölbekeller des Alten Klosters, dem Heimathaus und dem „Gut Kalberschnacke“ ist der Bahnhof das vierte amtlich genehmigte Trauzimmer auf dem Gebiet der Stadt Drolshagen. Eine Werbebroschüre mit allen wichtigen Informationen steht hier zum Download bereit. (Quelle: siegener-zeitung.de)